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Samstag, 29. Januar 2011

Jon Krakauer – In eisige Höhen


Ein Buch, das wahrlich Eindruck auf mich hinterlassen hat. Jene Sorte von Büchern, die nicht nur den Intellekt bewegen, sondern auch das Gemüt. Man stelle sich einen Bergführer klassischerweise vor: Ein Mensch, der für Geld Kunden auf Berge führt. Er führt die Kunden aber nicht nur auf die Berge, sondern organisiert auch alle Aspekte der Bergtour: An- und Abreise, Übernachtungsmöglichkeit auf einer Berghütte und den Proviant für unterwegs. Für den Kunden steht das Bergerlebnis im Vordergrund, für den Bergführer ist es der Lebensunterhalt.

In Jon Krakauers Buch geht es um eben solche Menschen: Kunden und Bergführer. Mit anderen Worten: Um das kommerzielle Bergsteigen. Nur geht es hier um Bergführer, die ihre Kunden in Dimensionen des Bergsteigens führen, bei denen die höchsten und schwierigsten Alpengipfel wie kleine Sandburgen erscheinen. In Jon Krakauers Buch werden „die Kunden“ (so werden die Teilnehmer der Expeditionen in seinem Buch stets genannt) auf die höchsten Gipfel der Welt gebracht, für viel Geld, versteht sich. So ein Trip auf den höchsten Berg der Welt (auf den Mount Everest) lassen sich diese Bergführer von Ihren Kunden für läppische 65.000$ organisieren.

Dann kam die Katastrophe. In „Eisige Höhen“ geht es um eine kommerzielle Mount-Everest Expedition, die 1996 stattfand und insgesamt zwölf Menschen aus vier verschiedenen Expeditionen das Leben kostete.

Jon Krakauer wird als Journalist von einer Zeitschriften-Redaktion zu einer Mount-Everest Expedition geschickt, um eine Reportage über das kommerzielle Bergsteigen zu schreiben. Was dabei herauskommt, ist der Augenzeugenbericht eines grauenvollen und bewegenden Dramas. Sechs Expeditionsteilnehmer einschließlich Krakauer erreichen den Gipfel des Mount Everest. Nur zwei davon sind am nächsten Tag noch am Leben. Auch die anderen Teilnehmer, die es nicht bis zum Gipfel geschafft haben, müssen um ihr Leben kämpfen.

Der Berg scheint alle an ihm wie Ameisen klebenden Bergsteiger abschütteln zu wollen. Nicht nur Krakauers Expedition ist beim Abstieg vom Gipfel in einem Schneesturm in über 8.000 Meter Höhe gefangen. Insgesamt vier Expeditionen kämpfen an allen Teilen des Berges ums nackte Überleben. Innerhalb der nächsten 48 Stunden sind schließlich zwölf Menschen tot.

Krakauer ist einer der wenigen Überlebenden. In seinem Buch versucht er das Geschehene zu verarbeiten und seine eigene Rolle in der Tragödie zu finden. An Selbstkritik mangelt es nicht. Das eigene Fehlverhalten wird in eine Serie von Ereignissen eingeordnet, die am Ende ein Dutzend Menschen das Leben gekostet hat. Krakauer wirft sich den Tod seiner Kameraden persönlich vor und erkennt eine Mitschuld. Krakauer sagt sehr weise zu dem ganzen Geschehen: „Aber so führte eins zum anderen – ein langsames Auflaufen kleinerer Vorfälle, die sich unmerklich , aber stetig zu einer kritischen Masse verbanden.“

Die Entstehung dieses Buches entspringt dem ursprünglichen Auftrag das kommerzielle Bergsteigen für eine Zeitschrift zu dokumentieren. Dies kommt nicht zu kurz, trotz des dramatischen Geschehens. Der Leser staunt, wenn beschrieben wird, wie Bergsteiger in über 8.000 Meter Höhe an besonders engen Passagen regelrecht Schlange stehen. „Einsamkeit war am Everest ein seltenes Gut….“. Solche Sätze oder Fotos von mehreren dutzend Bergsteigern in über 7000 Meter Höhe, die sich den Everest hocharbeiten, lassen den Leser den Kopf ungläubig schütteln.

Am Ende bleibt der Schmerz und tiefes Leid über den fast sinnlosen Tod von zwölf Menschen, die dafür Geld bezahlt haben an den Naturgewalten vorbei geschmuggelt zu werden, aber letztendlich dann mit dem Leben und nicht mit Geld zahlten. Krakauers Buch beginnt mit einem bezeichnenden Zitat von Jose Ortega y Gasset: „Die Menschen spielen leichtfertig mit dem Tragischen, weil sie an die Existenz des Tragischen in einer zivilisierten Welt nicht glauben“. Mit diesem Zitat lässt sich dieses Buch gut zusammenfassen.

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