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Samstag, 22. Januar 2011

Joschka Fischer – Mein langer Lauf zu mir selbst

In den Jahren 1996 bis 1998 hat sich eine Verwandlung mit Joschka Fischer vollzogen, die in der Öffentlichkeit nur am Rande wahrgenommen wurde. Man erfuhr irgendwann in den Medien, dass Fischer seinen ersten Marathon-Lauf geschafft hatte. Oder es wurde in den Medien als Randnotiz erwähnt, dass Fischer stark abgenommen hatte. Aber all dies wurde nur peripher wahrgenommen, da die politische Bühne in den Medien stets im Vordergrund stand. Was in dieser Zeit wirklich mit Fischer geschehen war, kann man in seinem Buch „Mein Langer Lauf zu mir selbst“ erfahren. Sein Buch ist eine biografische Momentaufnahme und umfasst etwa den Zeitraum von 1996 bis 1998 in Fischers Leben.
Wer hier nun allerlei politische Hintergrundinformationen erwartet, wird eher enttäuscht sein, denn es handelt sich um ein sehr privates und persönliches Buch, wenn auch am Rande politische Randnotizen auftauchen, jedoch immer aus dem Gesichtspunkt des beruflich bedingten Stresses. Am Anfang steht eine tiefe persönliche Krise, die durch die Trennung von seiner damaligen Frau nach dreizehn Jahren Ehe ausgelöst wurde. Zu dieser Zeit wiegt Fischer nahezu 120 Kilo und ist nicht gerade als eine gesunde Erscheinung zu bezeichnen. Die persönliche Krise wird zum Auslöser, um über einen gesamthaften Lebenswandel nachzudenken. Fischer möchte einen Neuanfang und setzt sich wenige einfache (Lebens)Regeln, die er sich zum eisernen Leitfaden macht. Zum Lebenswandel gehört auch der Vorsatz das Gewicht um satte dreißig Kilo zu senken. All dies mündet in den ersten Jogging-Lauf. Die Uhr wird für jeden Morgen gestellt und es wird in der Frühe im Bonner Regierungsviertel gelaufen.

Die erste Trainingsstrecke umfasst sage und schreibe etwa fünfhundert Meter, durch die sich Joschka Fischer anfänglich quält. Tag für Tag wird die Strecke am Rhein entlang gerannt und immer wieder werden neue Wegmarken gesetzt, die es zu erreichen gilt. Nicht ganz zwei Jahre später rennt Fischer seinen ersten Marathon. Der Spannungsbogen ist von der Lebenskrise bis zum ersten Marathon gespannt. Ein kurzweiliges Buch, das man gerne in einem Rutsch durchliest. Vor allem wenn man selbst dem Rennen verfallen ist, kann man genüsslich als unsichtbarer Beobachter mit verfolgen, wie Joschka Fischer immer mehr dem Laufen verfällt. Aus dem anfänglichen sich dahinquälen wird immer mehr eine Passion und Sucht. Er möchte immer weiter laufen. Die Sprache in seinem Buch ist gepflegt, manchmal zu gepflegt, so dass sie streckenweise geschnörkelt wirkt. Hin und wieder stolpert man über augenzwinkernden Humor. So schreibt Fischer an einer Stelle: „Und auch – und da sei nicht darum herumgeredet – meine linksradikalen siebziger Jahre in der Frankfurter Spontiszene und im Häuserkampf verlangten ein hohes Maß an körperlicher Fitneß!“. Insgesamt ein Buch, das man als leicht verdauliche Kost für Zwischendurch schnell durchlesen kann.

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